Das Canon EF 11–24mm f/4L USM ist ein eher unübliches Objektiv. Spitznamen wie „Cindy von Marzahn“ oder „Hantel“ beschreiben aber nur die Äußerlichkeiten, denn mit 10,8 cm im Durchmesser und 13,2 cm in der Höhe, ist es fast so breit wie es hoch ist. Mit Objektivdeckel ist es sogar über 11cm breit. Bei einem Gewicht von knapp 1,2 kg kann die klobige „Wuchtbrumme“ die Kamera echt schwer machen. Das soll es aber auch mit Beleidigungen gewesen sein. Denn die inneren Werte und die Bilder sprechen eine vollkommen positive Sprache. Das Canon 11–24 mm ist ein Objektiv der Kompromisse, aber nicht wenn es um die Bildqualität geht. Was dieses Objektiv besonders gut kann, werde ich im Folgenden beschreiben.
Knapp 3.000 € legt man derzeit für das Canon 11–24mm Objektiv hin – das ist einiges. Aber es gibt aus dem Hause Canon auch keine wirkliche Alternative. Das EF 8–15mm F4 L ist ein Fisheye-Objektiv und verzerrt sehr stark. Das Sigma 12–24mm ist in der Mk II Version nicht so toll, nur das ältere Sigma ist gar nicht mal so schlecht. Aber alles keine Alternativen zum 11–24mm. Ansonsten geht es bei Canon erst wieder bei 16mm weiter. Das EF 16–35mm f/4L IS USM habe ich ebenfalls hier, genauso wie das „gute“ alte EF 17–40mm f/4L USM. Damit ist zumindest im Hause Canon das 11–24mm ein einsamer Kandidat. Das ist durchaus positiv, wenn man nicht ständig die Preishürde vor sich hat. Diese werde ich aber auch Stück für Stück zum einstürzen bringen, denn das 11–24mm kann Dinge, die man sonst fast nirgends bekommt.
Zunächst aber noch einige technische Daten:
- 11–24mm Brennweite
- guter und schneller Ultraschallmotor
- Offenblende F4
- 16 schwere Linsen und 11 Gruppen
- 9 Blendenlamellen
- kleinste Blende: 22
- Naheinstellgrenze von 28cm bei 24mm Brennweite
- Staub- und Spritzwassergeschützt (L)
- Filterhalter
- integrierte Streulichtblende
Auch ein Video habe ich euch zum 11-24mm erstellt:
Inhalt
Haptik
Ich habe mir nicht umsonst neben meiner Canon EOS 6D eine 100D zugelegt. Das Canon 11–24mm will aber auch nicht an einer 100D betrieben werden, sondern an einer Canon Vollformat – sonst kommt ohnehin nicht die Brennweite zur Geltung. An meiner EOS 6D ist das 11–24mm noch handlich genug, an einer 5D arbeitet es aber etwas ausgewogener. Jedes mal wenn ich es an einer Canon 100D oder 760D geschraubt habe, hat es laut geschrien: „Nein!! Was soll ich hier???“. Zu Recht wie ich finde 😉
Zu dem 11–24mm gehört auch ein größerer Body und ein 35mm Bildsensor, mindestens eine Canon 6D also. Daran lässt sich das Objektiv schon gut betreiben. Die Qualität der Linse ist enorm. Es gibt kein Spiel an dem Objektiv, weder am Zoom- noch am Fokusring. Alles ist sehr wertig verarbeitet. Beim Zoomen muss man trotz eines nur etwa 1,5cm hubs durch das sehr große Volumen viel Luft ansaugen bzw. auspusten, was man beim schnellen Zoomen merkt. Außerdem macht das Zoomen ein saugendes Geräusch, was jedoch von der inneren Mechanik stammt. Auf der Oberseite gibt es eine gut ablesbare Entfernungsskala.
Bis zum Fokusring ist das 11–24mm noch nicht besonders dick. Danach wird es aber so richtig breit. Die fest verbaute und somit integrierte Streulichtblende ist zwar nur sehr kurz, aber der Durchmesser ist mit fast 11cm echt enorm. Auch die Frontlinse ist riesig. Etwa 8,3 cm misst selbst diese. Dazu ist sie noch nach vorne gewölbt. Selbst von den Seiten kann man die sehr wuchtige Frontlinse deutlich sehen. Dadurch wirkt das ganze Objektiv sehr wuchtig und massiv, aber auch wertig und zerbrechlich. Danach folgt bei Nichtbenutzung der Objektivdeckel, welcher auch als Aschenbecher missbraucht werden kann. Ein fettes aber auch praktisches Teil. Auf jeden Fall ist die Haptik ohne Mängel und es ist klar das die Form der Funktion folgt.
Ausstattung
Bevor ich zu den Bildern komme möchte ich noch schreiben, was das 11–24mm besitzt und was es besitzen sollte. Für den Preis ist es eher mager ausgestattet. Der USM Autofokus ist schnell und leise. Der Beutel LP1424 der zum Schutz des Objektivs dient ist robust und praktisch. Was fehlt, aber vermutlich baulich bedingt kaum möglich ist, ist ein Bildstabilisator. Damit hätte man die Schärfe des Objektivs auch noch in kritischen Situationen etwas besser nutzen können, zumal man bei den meisten Weitwinkelobjektiven ohnehin etwas abblenden sollte.
Bildqualität des Canon EF 11–24mm f/4L USM
Jetzt wird es natürlich erst so richtig spannend. Was leistet das 11–24mm USM in der Praxis? Naja, zunächst einmal ist es Rattenscharf! Immer! Auch bei Blende 4! Bis in die Ecken! Selbst das sonst sehr gute EF 16–35mm F4 IS kann hier nicht mehr mithalten. Ich habe noch nie ein Weitwinkelobjektiv gehabt was so dermaßen scharf ist und das schon bei 11mm Brennweite. Und genau das ist der erste Punkt, den man beim 11–24mm gerne bezahlt 😉
Verzeichnungen
Im Folgenden siehst du einige Beispielbilder vom Canon EF 11–24mm f4 L, welche ich mit der EOS 6D aufgenommen habe und in Lightroom nur leicht bearbeitet wurden, Objektivkorrekturen wurden jedoch nicht angewendet:
Und wenn du nun denkst, das diese Bilder nicht beeindruckend sind, dann werde ich dir nun erklären weshalb das der zweite Punkt ist und das 11–24mm so viel Geld kostet. Eines der größten Probleme bei Ultraweitwinkelobjektiven ist eine Verzerrung. Deshalb gibt es auch in diesem Brennweitenbereich gar nicht mal so teure Fisheye-Linsen, denn diese haben es einfacher. Sie verzerren das Bild so sehr, das diese wesentlich einfacher zu produzieren und zu berechnen sind. Dieser Strategie folgt das Canon 11–24mm eben nicht und genau hier liegt der Hund begraben.
Du kennst die Gegend und die Landschaft nicht, die ich hier fotografiert habe. Deswegen erscheint dir der Bildausschnitt vielleicht auch nicht besonders groß. Doch alle Bilder wurden mit 11mm an der Canon 6D aufgenommen, was bedeutet, dass du auf jedem Bild einen riesigen Ausschnitt der Landschaft siehst und es nicht wirklich wahrnimmst. Ganz ehrlich, das ist exakt das, was fast alle Landschaftsfotografen, Architekturfotografen, Immobilienfotografen und Stadtfotografen wollen. Ein möglichst hoher Bildwinkel bei möglichst geringen Verzeichnungen und Verzerrungen, selbst am kurzen Ende. Und hier bin ich echt beeindruckt vom EF 11–24mm. Das beste und das schwerste Objektiv was ich je hatte.
Weiterhin sind das auch einige Gegenlichtaufnahmen, in denen gerne Lens Flares – also Reflexionen der Sonne auftreten können. Wenn du welche siehst, sag mir Bescheid! Kein anderes meiner Objektive ist so unempfindlich gegen Sonnenflecken/ Linsenflecken.
Ich habe noch ein weiteres Video erstellt, indem man bei den Bewegungen und Schwenks die Verzerrungen gut erkennen kann:
Bildschärfe
Kommen wir noch mal kurz auf den ersten wichtigen Punkt der Canon-Linse zu sprechen, der Bildschärfe. Dazu habe ich zwei Bilder etwas analysiert. Im Folgenden siehst du jeweils das Original-Bild und dann drei Bildausschnitte. Einen aus der Bildmitte, einen aus dem zentralen unteren Bildabschnitt und einen von der rechten unteren Ecke.
Beeindruckend! Das Foto ist auch am unteren Bildrand noch so scharf wie in der Bildmitte. In den Ecken gibt es natürlich auch stärkere Verzeichnungen, aber die Schärfe ist auch hier noch überdurchschnittlich gut. Klar, ich habe die Bilder mit Blende 8 aufgenommen, aber selbst mit Offenblende ist das Objektiv quasi genauso scharf. Bei anderen Objektiven, z.B. dem 16–35mm F4 IS ist das nicht ganz so. Diese Linse ist bei Blende 4 weniger scharf. Das 11–24mm ist bis Blende 14 ziemlich scharf, ab Blende 16 nimmt die Schärfe dann wieder etwas ab – Beugungsunschärfe lautet hier das Stichwort.
Auch hier ist das 11–24mm ein klarer Gewinner. Bislang kann hier kein anderes Weitwinkelobjektiv mithalten, zumindest keines was ich schon mal in der Hand hatte 😉
Damit du dir selber einen Eindruck vom 11-24mm Objektiv machen kannst, habe ich dir hier 6 RAW-Dateien zum Download bereit gestellt:
Canon EF 11-24mm f:4L USM RAW-Testbilder
Vignettierung und chromatische Aberrationen
Auch diese Eigenschaften bietet das 11–24mm seinem Käufer. Das ist dieses mal aber nicht besonders positiv. Die Vignettierung ist relativ sanft und lässt sich gut in Lightroom entfernen. Gleiches gilt auch für die chromatischen Aberrationen, wobei diese in den Ecken noch immer leicht sichtbar sind. Die Vignettierung ist ab Blende 8 kaum noch sichtbar, ab Blende 11 ist sie verschwunden. Die chromatischen Aberrationen lassen sich durch das schließen der Blende aber nicht völlig ausmerzen.
Ohnehin halte ich es für sinnvoll, in der Praxis Lightroom diesen Job machen zu lassen. So kann man die Blenden benutzen wie man will und das ist mir wichtiger.
Testbilder
Abschließend habe ich eine Hauswand fotografiert, an welcher du die Eigenschaften des Canon EF 11–24mm f/4L USM sehr gut erkennen kannst. Klar ist das kein Labortest, aber die Praxis ist halt auch kein Labor 😉
Natürlich verzeichnet das 11–24 mm bei 11mm auch ordentlich. Wenn ich es aber mit den 17mm des 17–40mm L oder mit den 16mm des 16–35mm F4L vergleiche, dann ist das 11–24mm auch in diesem Bereich spitze. Auch hier kann man in Lightroom natürlich wieder gegensteuern. Manchmal übertreibt es Lightroom aber auch mit den Korrekturen, also auch hier aufpassen! Deshalb zeige ich dir zunächst zwei Bilder bei 11mm und bei 16mm, welche jeweils unkorrigiert und durch Lightroom korrigiert sind:
Und wenn du es genau wissen willst, habe ich auch noch bei den Brennweiten 11mm, 16mm und 24mm einige Testbilder mit den Blenden 4, 5.6, 8, 11 und 16 gemacht.
Wie ich finde, sind die Ergebnisse wirklich sehr gut, besonders ab Blende 8 muss man sich fast um nichts mehr Sorgen machen.
Anwendungsfälle des Canon EF 11–24mm 4L
Hier muss ich mal gemein werden. Wenn dir die Anwendungsbereiche nicht selbst einfallen, dann brauchst du es auch nicht 😉
In einigen Fällen kann man sich auch mit einem Panorama abhelfen. Aber spätestens in Innenräumen ist ein solcher Weitwinkel kompromisslos. Wenn man zu diesem Objektiv nun noch eine Canon EOS 5Ds besitzt, fängt es an so richtig Spaß zu machen, denn das 11–24mm beliefert die 50 Megapixel schon ganz ordentlich.
Fazit
Du solltest gemerkt haben, das mich zwei Punkte besonders beeindruckt haben. Die geringe Verzeichnung und die Bildschärfe bis in die Ecken zeichnen das Canon EF 11–24mm f/4L USM aus und machen es fast alternativlos. Jedoch muss man nachdem man etwas tiefer in die Taschen greifen musste auch noch mehr mit sich herum schleppen. Dafür erhält man aber auch eines der hochwertigsten Ultraweitwinkelobjektive, die es überhaupt gibt. Man muss hier schon etwas kompromisslos sein und viel Wert auf die Bildqualität legen 😉
Alternativ gibt es von Canon das sehr gute und „günstige“ EF 16–35mm f/4L IS USM für etwa 880 €, welches ich auch besitze. Das 17–40mm ist meine Meinung nach kaum noch eine Alternative. Dann gibt es noch das Sigma 12–24mm mit ein paar Schwächen und das Tamron 15–30mm liefert auch ziemlich gute Bilder ab.
Was denkst du über das Canon 11–24mm? Ist der Preis zu rechtfertigen?
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Ich habe das 11-24iger jetzt mehrmals getestet und meine Erfahrungen decken sich mit diesem Test. Ich werde es mir wohl zulegen. Die chromatischen Aberrationen sind aber schon etwas nervig… Vielen Dank für den Test 🙂
Gerne 🙂
Man wünscht sich natürlich weniger CA, aber dank Lightroom & Co bekommt man das schon gut in den Griff.
Gruß
Alex